- Herz-Lungen-Maschine für Operationen am offenen Herzen
- Herz-Lungen-Maschine für Operationen am offenen HerzenOperationen am Herzen sind bei schlagendem Herzen nicht möglich. Wenn das Herz stillgelegt wird, bricht der Blutkreislauf zusammen, was nach spätestens drei Minuten zu irreparablen Schäden beim Patienten führt. Daher muss ein künstlicher Blutkreislauf das schlagende Herz durch eine externe Pumpe ersetzen. Dabei ist es aus technischen Gründen günstiger, auch gleich die Lungenfunktion dem künstlichen Blutkreislauf zu überlassen. Die erste Operation, bei der mithilfe einer Herz-Lungen-Maschine Herz und Lunge vorübergehend ersetzt wurden, ist bereits 1953 durchgeführt worden.Aufbau des Herzens - großer und kleiner BlutkreislaufDas menschliche Herz ist technisch gesehen eine zweifache Saug-Druck-Pumpe. Es besteht aus zwei voneinander getrennten Herzkammern, die jeweils eine Vorkammer besitzen. In der linken Herzkammer samt Vorkammer wird sauerstoffreiches arterielles Blut, von der Lunge kommend, in den Körper gepumpt. Die rechte Herzkammer und Vorkammer pumpen sauerstoffarmes venöses Blut, vom Körper kommend, in die Lunge. Es gibt also zwei Blutkreisläufe, die vom Herzen ausgehen:Der kleine Blutkreislauf oder Lungenkreislauf pumpt sauerstoffarmes venöses Blut von der rechten Herzkammer aus in die Lunge, welches dort mit Sauerstoff beladen und in die linke Herzkammer zurückgesaugt wird. Der große Blutkreislauf oder Körperkreislauf versorgt den Körper mit sauerstoffreichem Blut. Hierzu wird das sauerstoffreiche arterielle Blut aus der linken Herzkammer in den Körper gepumpt, wo es den Sauerstoff an Organe und Muskeln abgibt. Das sauerstoffarm gewordene Blut wird danach in die rechte Herzkammer zurückgesaugt. Zwei Venen, die untere und die obere Hohlvene, die sauerstoffarmes Blut vom Körper herantransportieren, führen in die rechte Herzkammer hinein. Aus ihr heraus pumpt die Lungenarterie dieses venöse Blut in die Lunge. Von der Lunge her führen vier Lungenvenen in die linke Herzkammer und versorgen diese mit sauerstoffreichem Blut. Aus der linken Kammer heraus führt die Hauptschlagader — die Aorta —, durch die arterielles Blut in den Körper gepumpt wird.Um das Herz alleine zu ersetzen, müsste man somit zwei Pumpen einsetzen: Die eine müsste das arterielle Blut der vier Lungenvenen in die Aorta pumpen und die andere das venöse Blut aus den beiden Hohlvenen in die Lungenarterie. Das sind insgesamt acht Anschlüsse, die sorgfältig abgedichtet und nach der Operation wieder vernäht werden müssten. Das Gewirr von Anschlüssen würde eine Herzoperation sehr stören, da man vor lauter Schläuchen kaum noch das Herz sähe. Aus diesem Grund wird bei Herzoperationen auch der kleine Blutkreislauf — der Lungenkreislauf — stillgelegt. Man benötigt dann nur noch drei Anschlüsse: zwei für die beiden Hohlvenen und einen für die Aorta. Das Blut der Hohlvenen wird in die Herz-Lungen-Maschine gesaugt, mit Sauerstoff beladen und in die Aorta zurückgepumpt. Das Blut kann statt in die Aorta auch in ein anderes, hinreichend großes arterielles Gefäß des Patienten zurückgepumpt werden. Die Herz-Lungen-Maschine beliefert alle Organe des Körpers mit dem benötigten Sauerstoff — auch die Lunge wird über den Körperkreislauf mit Sauerstoff versorgt — mit Ausnahme des Herzens selbst. Dieses besitzt eine interne Sauerstoffversorgung, die ohne natürlichen Herzschlag nicht mehr funktioniert. Der Herzmuskel reagiert sehr empfindlich auf Sauerstoffmangel, er kann bei Körpertemperatur nur etwa fünf Minuten Sauerstoffmangel ohne Schaden überstehen. Durch künstliche Unterkühlung des Herzens kann diese Frist auf ungefähr 20 Minuten verlängert werden. Spezielle Spüllösungen für die Stilllegung des Herzens, die in den 1960er- und 1970er-Jahren entwickelt wurden, verlängern diese Frist auf 40 Minuten bei Körpertemperatur und auf zwei Stunden bei Unterkühlung des Herzens. Für längere Operationszeiten besteht schließlich noch die Möglichkeit, die Aorta mit den Herzkranzschlagadern zu verbinden und dadurch die Herzkranzgefäße mit Blut zu versorgen. Das zugeführte Blut fließt über die Herzvenen in den rechten Vorhof ab und muss von dort abgesaugt werden.Technik der Herz-Lungen-MaschineDie Herz-Lungen-Maschine besteht aus vier Bauteilen: aus einem Oxygenator genannten Gasaustauschgerät, der eigentlichen Pumpe, einem Wärmeaustauscher und einem Filter. Der Oxygenator erfüllt die Funktion der Lunge: Er führt dem Blut Sauerstoff zu und entfernt Kohlendioxid; außerdem werden hier die Narkosegase zugeführt. Es gibt zweierlei Sorten von Oxygenatoren: Schaumoxygenatoren und Membranoxygenatoren. Bei kurzfristigen Operationen finden Schaumoxygenatoren ihren Einsatz, in denen Sauerstoffgas durch das Blut perlt und dabei vom Blut aufgenommen wird. Bei länger dauernden Operationen werden Membranoxygenatoren vorgezogen. Bei diesen sind Blut und Sauerstoff durch eine halbdurchlässige Membran voneinander getrennt, welche den Sauerstoff selektiv ins Blut gelangen lässt. Beide Systeme erreichen bei weitem nicht die Leistungsfähigkeit der gesunden Lunge, da die Kontaktoberfläche viel kleiner ist. Zum Ausgleich lässt man das Blut in ihnen länger verweilen und führt den Sauerstoff unter erhöhtem Druck zu.Als Pumpen haben sich Rollerpumpen durchgesetzt. In einer solchen Pumpe läuft eine Rolle an einem Plastikschlauch entlang, welche diesen zusammenpresst und dadurch am einen Ende das Blut hinauspresst und am anderen Ende hineinsaugt. Dieser Aufbau kommt völlig ohne Ventile aus und ist daher sehr zuverlässig und verschleißarm. Der Wärmeaustauscher sorgt dafür, dass das Blut auf Körpertemperatur gehalten oder aber bei langwierigen Operationen abgekühlt wird. Er arbeitet im Gegenstromprinzip, genau wie die Wärmeaustauscher in Heizanlagen. Der Filter schließlich verhindert, dass Blutgerinnsel (Thromben) oder Gasblasen in den Körper zurückgepumpt werden, die zu Embolien führen würden.Eine Herz-Lungen-Maschine besteht aus Materialien, die das Blut möglichst wenig schädigen und auf keinen Fall zum Gerinnen bringen dürfen. Wichtig hierfür sind glatte Oberflächen, geringe Oberflächenspannungen und chemische Neutralität. Verwendet werden hauptsächlich Kunststoffe wie Polyvinylchlorid (PVC), Epoxidharze (EP), Latex und V2A-Stahl. Die meisten Bauteile sind Einmalartikel, da sich Krankheitskeime extrem leicht in ihnen festsetzen, eine Sterilisation nach Gebrauch also fast unmöglich ist.Risiken beim Einsatz der Herz-Lungen-MaschineDie Materialien der Herz-Lungen-Maschine, die vom Blut durchflossen werden, unterscheiden sich trotz aller Bemühungen immer noch sehr von den natürlichen Blutgefäßen, sodass die roten Blutkörperchen geschädigt werden und zerfallen (Hämolyse). Je länger das Blut außerhalb des Körpers in der Herz-Lungen-Maschine zirkuliert, desto stärker wird es geschädigt. Dieser Blutzerfall hält auch noch einige Tage nach der Operation an. Weiterhin neigt das Blut unter den Bedingungen der Herz-Lungen-Maschine zur Gerinnung, sodass ihm gerinnungshemmende Medikamente, zum Beispiel Heparin, schon vor Beginn der Operation zugesetzt werden müssen. Dies erhöht aber die Gefahr von Blutungen. Beim Einführen der Schläuche können Ablagerungen an Gefäßwänden freigesetzt werden, welche im schlimmsten Fall Embolien auslösen. Da die Herz-Lungen-Maschine schon vor dem Anschließen mit Blut oder einem Blutersatzstoff gefüllt sein muss, ist auch die Gefahr von Infektionen, beispielsweise einer Serumhepatitis, nicht gänzlich auszuschließen. Neben diesen direkten Operationsrisiken bringt die Behandlung mit der Herz-Lungen-Maschine auch die Gefahr längerfristiger Schädigungen mit sich. Herzrhythmusstörungen bis hin zum Kammerflimmern sind nach dem Wiedereinsetzen des Herzschlags nicht ungewöhnlich. Das Operationsteam ist darauf eingestellt und hält dementsprechende Defibrillatoren und andere Geräte zur Wiederbelebung bereit. Bei drei Prozent der Patienten kommt es drei bis fünf Tage nach der Operation zu schweren Blutungen, bei vier Prozent zu vorübergehendem Nierenversagen, da die Niere die vielen Abbauprodukte des Blutzerfalls nicht verarbeiten kann. Weitere Folgen sind Hirnschäden (bei fünf Prozent der Patienten) und Leberschäden infolge von Mangeldurchblutung. Operationen unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine verursachen darüber hinaus häufiger psychische Störungen (bei etwa 20 Prozent der Patienten) als andere schwere Operationen; das Abstellen des Herzens verursacht offenbar traumatisierende Angstzustände. Bei zwei Prozent der Patienten resultiert dieser Stress in Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren.Dr. Harald Münch, Heidelberg und Dipl.-Phys. Renate Jerei, HeidelbergWeiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:künstliche Niere: Blutwäsche bei NierenversagenImplantat: Künstlicher Ersatz eines OrgansGrundlegende Informationen finden Sie unter:Defibrillator: Ein Gerät der Notfallmedizin
Universal-Lexikon. 2012.